Drei Wege im Ad_Monter Meta Modell

A_MMM - die drei Wege

1. Verstehen (it → me)

Die Hinwendung zum eigenen Erleben

Verstehen beginnt nicht mit Begriffen, sondern mit Berührung. Erst wenn etwas mich trifft, mich irritiert oder anspricht, beginnt der Weg des Verstehens. Es ist ein innerer Prozess, in dem Erfahrungen in Resonanz treten mit früheren Mustern, Bedeutungen oder Selbstbildern. Dieser Weg braucht Zeit, Stille und die Bereitschaft, mich selbst zum Resonanzraum zu machen.

  • Was hat in letzter Zeit in mir Resonanz ausgelöst – und wie habe ich darauf reagiert?
  • Welche Annahmen über mich selbst sind mir gerade besonders wirksam – und woher könnten sie stammen?
  • Worin unterscheide ich zwischen dem, was ich denke – und dem, was ich spüre?

Vertiefung

Verstehen ist die Transformation von Beobachtung in Selbstresonanz: Das, was ich draußen wahrnehme (it), erhält Bedeutung, indem es in meiner inneren Erfahrungslandschaft (me) ankoppelt. Diese Verschiebung ist kein Denken über, sondern ein Hören in das eigene Erleben: Körpertonus, Atem, innere Bilder, Worte, die plötzlich Gewicht bekommen.

Typische Stolpersteine

  • Kognitives Überschreiben: schnelle Erklärungen statt Berührung zulassen.
  • Fremdresonanz: ich übernehme Stimmungen anderer und halte sie für „meine“.
  • Tempo-Fehler: ich will zu rasch „lösen“, bevor etwas in mir Form angenommen hat.

Mini-Übung (2 Minuten)

Schließe kurz die Augen. Benenne leise drei Körpersignale (z. B. Druck, Wärme, Atem). Frage dann: „Welche Aussage aus der Situation berührt genau diese Stelle?“ Notiere ein Wort.

Indikatoren (bin ich auf dem Weg des Verstehens?)

  • Weniger Argumente, mehr Sprache für Empfindung („es wirkt…“, „ich spüre…“).
  • Tempo verlangsamt sich, Pausen werden sinntragend.
  • Ein Satz wird innerlich „wahr“, auch wenn er unangenehm ist.

2. Begegnung (me → us)

Der Weg in den Zwischenraum

Begegnung geschieht dort, wo ich mich dem Blick des Anderen öffne – nicht nur als Beobachter:in, sondern als Mitbeteiligte:r. Auf diesem Weg geht es nicht um Übereinstimmung, sondern um das Wahrnehmen von Differenz ohne Abwertung. Beziehung wird zum Möglichkeitsraum für gemeinsames Erkennen.

  • Was verändert sich in meiner Wahrnehmung, wenn ich vom Ich zum Wir wechsle?
  • Wo wird mein Gegenüber für mich zum Spiegel – und wo beginne ich zu verzerren?
  • Was geschieht in Momenten echter Verständigung – und was macht sie so selten?

Vertiefung

Begegnung ist der Dialograum, in dem Differenz ohne Abwertung gehalten wird. Sie beginnt, wenn ich zulasse, dass der Blick des Anderen meine innere Landkarte verschiebt. Ziel ist nicht Übereinstimmung, sondern ein gemeinsamer Blick, der vorher nicht existierte.

Typische Stolpersteine

  • Positionskampf: Redewechsel statt Zuhören, werthaltige Wörter als Waffen.
  • Einfühl-Falle: ich „verschmelze“ und verliere meine Kontur.
  • Übersprung: vorschnell in Optionen springen („was könnten wir tun?“) ohne Resonanz.

Mini-Übung (2 Minuten)

Spiegeln in einem Satz: „Ich habe dich so verstanden, dass … – und das lässt bei mir … anklingen.“ Der/Die Andere bestätigt oder präzisiert nur den gemeinten Sinn, keine Debatte.

Indikatoren (bin ich im Begegnungsraum?)

  • Wortwahl wird konkreter, weniger Etiketten, mehr erlebensnahe Sprache.
  • Blick- und Atemrhythmus synchronisieren sich phasenweise.
  • Neue Fragen tauchen auf, die zuvor niemand gestellt hat.

3. Gestaltung (us → it)

Der Schritt in die Welt

Gestaltung ist mehr als Umsetzung. Sie ist Ausdruck dessen, was als Resonanz zwischen Innen und Außen gereift ist. Der Weg führt von der Beziehung zur Handlung, von der Klärung zur Form. In der Gestaltung zeigt sich, was uns gemeinsam trägt – und worauf wir bauen wollen.

  • Welche inneren Haltungen prägen unser gemeinsames Tun – und woran erkennen wir sie?
  • Wo ist unser Handeln stimmig – und wo folgen wir eher Mustern als innerer Klarheit?
  • Welche Formen helfen, Resonanz in Strukturen zu überführen – ohne sie zu ersticken?

Vertiefung

Gestaltung ist das Formgeben dessen, was zwischen Innen und Außen gereift ist. Strukturen (it) werden zu tragenden Formen für das gemeinsam Erkannte – keine Fremdordnung, sondern geronnene Resonanz.

Typische Stolpersteine

  • Form vor Inhalt: Prozessdesign ersetzt Dialog – Beschlüsse ohne Boden.
  • Überstrukturiert: Regeln ersticken die lebendige Einsicht.
  • Unklare Haltung: Vereinbarungen, die nicht von innerer Klärung getragen sind.

Mini-Übung (2 Minuten)

Drei Sätze schreiben: 1) Wofür steht die Vereinbarung? 2) Woran erkennen wir Umsetzung in 4 Wochen? 3) Was brauchen wir, damit es leicht bleibt?

Indikatoren (trägt die Form?)

  • Die Vereinbarung ist knapp, anschlussfähig und überprüfbar.
  • Es gibt eine fühlbare Erleichterung im Team/Körper.
  • Rollen, Fristen, Feedbackschleifen sind benannt – ohne Kleinteiligkeit.

Übergänge & Dreiklang

Die Wege sind bewegliche Resonanzfiguren, keine Stufenleiter. Oft zeigt sich erst im Rückblick, welcher Weg wirksam war. Wechsel sind normal: Ein Satz kann uns von Begegnung zurück ins Verstehen führen – oder eine Einsicht öffnet unmittelbar die Gestaltung. Wie im musikalischen Dreiklang entsteht Dichte nicht durch Gleichzeitigkeit, sondern durch achtsame Verschiebung.

Moderator:innen-Hinweis: Markiere Übergänge explizit („Wir bleiben noch im Verstehen…“ / „Jetzt öffnen wir den Begegnungsraum…“) – das erhöht Prozessklarheit und reduziert Übersprünge.

Leon betritt den leeren Besprechungsraum. Auf dem Tisch liegt das Protokoll des letzten Treffens. Die Stimmen hallen in seinem Kopf nach – Noras Entwurf, Emils Fragen, seine eigene Ungeduld.

Er bleibt stehen. „Was habe ich eigentlich gehört – und was hat es in mir ausgelöst?“, fragt er sich.

Ein Blick zum Fenster. Draußen hebt sich der Nebel. Vielleicht geht es heute nicht um die Entscheidung. Vielleicht geht es darum, gemeinsam denken zu lernen.