Im Ad_Monter_Meta_Modell (A_MMM) ist die diskursive Formation ein wesentliches Konzept, das tief mit der Mächtigung und der Selbstbeziehung der Konfliktparteien verbunden ist. Der Begriff stammt von Michel Foucault und beschreibt die Art und Weise, wie Sprache, Wissen und Macht in sozialen Prozessen miteinander verflochten sind. Er beschreibt in seinem Werk Archäologie des Wissens (1969), wie Diskurse das Wissen und die Wahrnehmung von Realität in sozialen Prozessen formen. Diese Perspektive hilft zu verstehen, wie Mächtigung und Selbstbeziehung im Ad_Monter_Meta_Modell durch die Veränderung von diskursiven Formationen möglich werden. Eine diskursive Formation ist ein System von Wissen und praktischen Normen, das bestimmt, wie bestimmte Themen, Ideen oder Identitäten in einem sozialen Kontext verstanden und kommuniziert werden.
Im A_MMM wird der Konflikt nicht nur als reines Missverständnis oder als Missverhältnis von Interessen betrachtet, sondern als Ergebnis von diskursiven Formationen, die die Wahrnehmung und das Verhalten der Beteiligten beeinflussen. Diese Formationen entstehen durch gesellschaftliche Normen, verinnerlichte Diskurse und individuelle Interpretationen, die oft nicht bewusst hinterfragt werden.
Die Rolle der diskursiven Formation in der Mächtigung
Mächtigung im A_MMM bedeutet nicht, dass Macht von außen zugeteilt wird, sondern dass die Beteiligten ihre eigene Macht erkennen und transformieren, indem sie die diskursiven Formationen, die ihre Wahrnehmung und Handlungsfähigkeit prägen, hinterfragen und neu gestalten. Es geht darum, die Sprache und die Begriffe, die die Konfliktparteien verwenden, zu reflektieren und neu zu definieren.
Foucault zeigt, dass Macht nicht nur von einer externen Autorität ausgeübt wird, sondern auch durch die Art und Weise, wie Diskurse im alltäglichen Leben die Realitäten der Beteiligten konstruieren. Diskurse definieren, was als „wahr“und „richtig“ gilt und beeinflussen, wie Individuen sich selbst und ihre Handlungsoptionen wahrnehmen. Durch den Mediationsprozess im A_MMM können die Konfliktparteien lernen, diese diskursiven Strukturen zu erkennen und zu hinterfragen. Indem sie den Wissensrahmen ändern, der ihren Konflikt bestimmt, können sie ihre wahrgenommenen Einschränkungen überwinden und neue Handlungsmöglichkeiten entwickeln.
Beispiel: Ein Konflikt in einer Partnerschaft könnte aus einem festgelegten Diskurs über „Rollen“ entstehen, in dem eine Person sich als „dominant“ und die andere als „untergeordnet“ sieht. Durch den Mediationsprozess lernen die Beteiligten, diese vorher festgelegten Diskurse zu hinterfragen und neu zu definieren, sodass sie gemeinsam eine partnerschaftliche Kommunikation aufbauen, die auf Gleichwertigkeit und gegenseitigem Respekt basiert.
Sprache als Werkzeug zur Veränderung diskursiver Formationen
Ein wesentlicher Aspekt des A_MMM ist die Erkenntnis, dass Sprache nicht nur dazu dient, Gedanken zu äußern, sondern dass Sprache und Begriffe die Wahrnehmung der Realität prägen. Die diskursive Formation beeinflusst, wie Konflikte definiert und wahrgenommen werden. In einem hierarchischen Diskurs könnten Konflikte als Kampf um Macht interpretiert werden, während ein dialogischer Diskurs zu Verständigung und Zusammenarbeit führt.
Im A_MMM wird Sprache daher als ein Werkzeug betrachtet, das es den Beteiligten ermöglicht, ihre eigene Selbstbeziehung zu verändern und Mächtigung aus dem Selbst heraus zu erlangen. Die Mächtigung entsteht durch die Veränderung der eigenen Wahrnehmung der Situation und der eigenen Rolle im Konflikt, die durch den Wandel der Sprache und der diskursiven Formation beeinflusst wird.
Selbstbeziehung und diskursive Formation
Die Selbstbeziehung im A_MMM ist ebenfalls eng mit der diskursiven Formation verbunden. Wie wir uns selbst wahrnehmen, wie wir unsere Handlungen und Bedürfnisse definieren, wird durch die Sprache und die Diskurse, in denen wir uns bewegen, beeinflusst. Foucaults Konzept der diskursiven Formation zeigt, wie tief die Wahrnehmung des Selbst in gesellschaftlichen Diskursen verankert ist und wie diese Diskurse die Machtverhältnisse in unseren Beziehungen beeinflussen.
Selbstbeziehung ist also nicht einfach nur eine psychologische Selbstwahrnehmung, sondern auch eine sozial-kulturell bedingte Konstruktion. Die Selbstbeziehung eines Konfliktbeteiligten könnte durch eine dominante gesellschaftliche Erzählung über Macht und Gerechtigkeit geprägt sein, die das eigene Verhalten und die Erfahrungen im Konflikt bestimmt. Wenn diese diskursive Formation jedoch hinterfragt und verändert wird, öffnet sich der Raum für neue, selbstbestimmte Wahrnehmungen und Verhaltensweisen, die zur Mächtigung führen.
Beispiel: Eine Führungskraft könnte in einem Konflikt mit einem Teammitglied aufgrund eines hierarchischen Diskurses über „Autorität“ und „Unterordnung“ als überlegen wahrgenommen werden. Im Verlauf des Mediationsprozesses wird jedoch der Diskurs verändert: Beide Parteien reflektieren ihre Selbstbeziehung und erkennen, dass die Macht nicht im klassischen Sinne übertragen werden muss, sondern durch respektvolle Kommunikation und gemeinsame Verantwortung geteilt wird.
Die Veränderung der diskursiven Formation als Weg zur Mächtigung
Die diskursive Formation im A_MMM ist der Raum, in dem Macht und Wahrnehmung konstruiert werden. Mächtigung bedeutet im A_MMM daher, dass Konfliktparteien lernen, die Diskurse, die ihre Wahrnehmung und Handlungsfähigkeit begrenzen, zu hinterfragen und neu zu gestalten. Der Mediator begleitet diesen Prozess, indem er den Beteiligten hilft, ihre Sprache, Selbstbeziehung und Wahrnehmung zu verändern – und dadurch neue Handlungsmöglichkeiten und eine selbstbestimmte Verantwortung zu entwickeln. Mächtigung entsteht aus dem Selbst heraus, wenn die Konfliktparteien durch die Veränderung ihrer diskursiven Formationen die Kontrolle über ihre Wahrnehmung und ihre Handlungen zurückgewinnen.
🔗 Weiterführende Verbindungen
- Zur sprachlichen Gestaltung von Konflikten: Sprache & Bedeutung
- Zur Reflexion innerer Selbstverhältnisse: .Mächtigung & Selbstbeziehung
- Zum Wandel durch Kommunikation: Resonanzraum
- Zur Entstehung neuer Sichtweisen: Emergenz
- Zur Rolle von Systemlogiken in der Wahrnehmung: Matrix & Systemlogiken
- Zur dialogischen Veränderung in Anwendung: Mediation & Ausbildung
- Begriffe & Systembezüge: Glossar zentraler Begriffe